Ökologisches Konzept

Ein Wunsch- und Maßnahmenkatalog

Autor: Dr. Florian Wagner

Die Gemarkung Wurmlingen ist gekennzeichnet durch ihren landschaftlichen Reiz
und eine noch weitgehend intakte Kulturlandschaft.
Im Ort bemüht sich der
Natur- und Vogelschutzverein Wurmlingen e.V. in Zusammenarbeit mit den
zuständigen Behörden (UNB, BNL, Umweltamt der Stadt Rottenburg) und der
Ortsverwaltung schon seit Jahren um den Erhalt der ökologischen Ressourcen.


Aufbauend auf die bereits 1988 von KRACHT und MILLER vorgestellten
"ökologischen Vorrangbereiche und Möglichkeiten ihrer Vernetzung" sollen
nachstehend bereits umgesetzte Maßnahmen, bestehende Schutzgebiete sowie weitere
Vorschläge für den Erhalt der Wurmlinger Kulturlandschaft dargestellt werden.


Bereiche innerhalb der Gemarkung Wurmlingen, die gesetzlichen Schutz
genießen:


Naturschutzgebiete: keine

Landschaftsschutzgebiete: LSG Pfaffenberg, LSG Spitzberg, LSG unteres Ammertal; 295 ha

§24a-Biotope: etwa 12 ha

FFH-Gebiete: 7419301; ca. 90 ha

Schutzgebiet nach Vogelschutzrichtlinie: 7420401; ca. 243 ha

Gemarkung Wurmlingen ca. 685 ha.

 

Eine grobe Darstellung der Gemarkung und die ökologische Bedeutung dieser Teilbereiche finden Sie unter "Unsere Schutzgebiete" .

 

Zu ihnen zählen:

 

  • Der Wurmlinger Kapellenberg
  • Das Gengental
  • Der Spitzberg "Unterer Wald"
  • Das Ammertal
  • Die Ackerflächen Richtung Unterjesingen
  • Der Gipsbruch
  • Der Pfaffenberg
  • Die Ackerflächen Richtung Wendelsheim
  • "Römerstraße" und "Breitlächle"
  • Das Neckartal
  • Der Arbach

  

Zum Gengental:

 

Im Gengental hat der NVSV zwei Wiesengrundstücke gekauft, die einen schützenswerten Pflanzen-bestand sowie einige Obstbäume aufweisen. Da eine Bewirtschaftung durch zweimalige Mahd mit Entfernung des Mähgutes zu heutigen Bedingungen schwer leistbar ist, sollen die Flächen durch Beweidung offengehalten werden. Dies ist leicht zu bewerkstelligen, da angrenzende Flächen bereits vom Schäfer mit seiner Herde befahren werden und für ihn das Gengental attraktiver geworden ist. Dadurch wurde ebenfalls ein Schritt in die Richtung des großen "Weidesystem Kapellenberg" getan.

 

Zum Spitzberg:

 

Im Unteren Wald werden seit den Anfangszeiten des NVSV verschiedenste Nistkästen aufgehängt und betreut. Der gute Besatz auch mit selteneren Arten gibt Ansporn für die nächsten Jahre.

 

Zu Ackerflächen Richtung Unterjesingen:

 

Im Gewann "Viehweg/Lache" wurden auf ehemaligen Schuttablage- und Ackerflächen Hecken angelegt und eine Obstbaumwiese etabliert. Im Gewann "Rohner" wurden ebenfalls auf Gemeindegrund einige Obstbäume gepflanzt, die in Zukunft die abgehenden Bäume am Rande des Gipsbruches in ihrer Funktion ersetzen können.

 

Zum Pfaffenberg:

 

Wie im Unteren Wald betreut der NVSV auch im Oberen Wald zahlreiche Nisthilfen. Auch hier kann von einem guten Erfolg gesprochen werden.

In den Streuobstbereichen hat der Verein mehrere Flurstücke erworben. Darunter sind seit Jahren brachgefallene Obstbaumwiesen mit alten Trockenmauern und südexponierte Waldsäume.

Die einigermaßen ebenen bis mäßig steilen Bereiche der Obstwiesen wurden bereits wieder der traditionell extensiven Nutzung zugeführt und der Baumbestand wird regelmäßig gepflegt. Es wurde neue Obstbäume gepflanzt.

Ein Teil der Trockenmauern (geschützt nach § 24a LNatG) wurden repariert und eine Mauer wurde erneuert. Sie werden regelmäßig von der Verbuschung frei gehalten.

 

Zu Ackerflächen Richtung Wendelsheim:

 

Im Gewann Grundwiesen ist der NVSV schon lange bemüht auf Gemeindeflächen, eines der wenigen Feuchtgebiete in Wurmlingen als Lebensraum für Amphibien zu erhalten und aufzuwerten.

Der Grundwiesenweiher wurde ausgebaggert und bepflanzt, sowie angrenzende Wiesen gepachtet und extensiv gepflegt.

 

Zu Römerstraße und Breitlächle: 

 

Vom NVSV wurden in den letzten Jahren vereinzelte Kopfweiden entlang des Breitlächlegrabens gesetzt und regelmäßig gepflegt.

 

Zum Neckartal:

 

Auf der Gemarkung Rottenburg betreut der NVSV Flächen der Gemeinde und ein eigenes Grundstück im Gewann "Am Höllgraben / Ried".

Der größte Teil der Schilf- und Hochstaudenflur und des Teiches werden seit Jahren sich selbst überlassen, während angrenzende Feuchtwiesen von einer Ziegenherde abgeweidet und die Kopfweiden sporadisch geschnitten werden.

Die ehemalige Kiesgrube am "Steinigen Rain" wird ebenfalls seit Jahren vom NVSV im Rahmen der Patenschaft beobachtet und gepflegt, sowie angrenzende Magerwiesen gemäht.

Seit ein paar Jahren wird der gesamte Komplex ebenfalls von der Ziegenherde beweidet. Dies entzerrt den inzwischen erheblichen Arbeitsaufwand für die aktiven Mitglieder deutlich.

 

Zum Arbach:

 

Wie schon erwähnt, wurde der Arbach vor gut 20 Jahren so gut als möglich "renaturiert", d.h. dem Bachbett wurde mit verschiedenen Maßnahmen (Steinschüttungen usw.) eine abwechlungsreichere Gestalt gegeben, und am gesamten Bachlauf entsprechende Gehölze gepflanzt.

Auf angrenzenden Parzellen in Gemeindebesitz wurde versucht, die Biotopqualität des Gewässers auch im direkten Umfeld zu verbessern.

Im Gewann Arbachwiesen entstand so ein Feldgehölz und im Gewann Lacherweg wurde eine Obstbaumwiese angelegt. Der Lacherweggraben wurde halbseitig mit Sträuchern und Kopfweiden bepflanzt.

In Zusammenarbeit mit dem Landwirtschaftsamt gelang es, einen Wurmlinger Landwirt dafür zu gewinnen, im Rahmen eines Pflegevertrages einige Ackerparzellen entlang des Arbaches einzusähen und ohne Düngung in den nächsten Jahren als Wiese zu nutzen.

Am Oberlauf entstand auf gut einem Hektar das inzwischen einem Auwald ähnliche "Feldgehölz Arbach". In direkter Nachbarschaft wurde der brachliegende Magerrasen im "Gewann Aischbach" vom Altgrasfilz befreit und einer Beweidung zugeführt.

 

Was muss getan werden?

 

Pflege der bereits verwirklichten Maßnahmen:

 

Die Pflege der bestehenden Biotope muß selbstverständlich wie bisher gewährleistet sein, dazu ist natürlich eine gute Zusammenarbeit mit der Gemeinde (OV, Umweltamt, Fronmeister) unumgänglich.

Die Stadt Rottenburg und die Ortschaft Wurmlingen sollten sich darüber bewußt sein, welche Kosten durch das Engagement der Naturpaten auf Wurmlinger Gemarkung für die Gemeindekasse gespart werden.

Die bisherige gute Zusammenarbeit muss zugunsten von Natur und Landschaft beibehalten und ausgebaut werden.

 

Was sollte man tun?

 

Wurmlinger Kapellenberg

 

 

Um die Beweidung am Wurmlinger Berg auch langfristig für die Schäfer attraktiv zu halten, können von Seiten der Gemeinde und des Naturschutzes verschiedene Maßnahmen angegangen werden.

 

1. Ausdehnung der Flächen, die für den Schäfer (kostenlos oder kostengünstig) zur Verfügung gestellt     werden. Dazu zählt auch die Bereitstellung der brachgefallenen Wiesen (hier besteht grundsätzlich die Verpflichtung der Gemeinde nach dem LLG), sowie Bemühungen der Gemeinde um den Erwerb von Flächen angrenzend am gesamten Nordhang bis ins Gengental.

Ein wichtiges Kriterium ist auch die Bereitstellung von geeigneten Pferchflächen (Äckern) um ein Pferchen auf den ökologisch bedeutsamen Magerweiden zu verhindern

 

2. Der Bedarf an einem Schafstall besteht nach wie vor. Ob der bereits vorhandene alte Schaftstall     bereitgestellt werden kann oder ob bei steigendem Bedarf ein Neubau angeregt werden muß, liegt im Verhandlungsgeschick der Gemeinde und Naturschutzverwaltung. Bei einer langfristigen Betrachtung führt an dieser Diskussion kein Weg vorbei.

Wünschenswert wäre in jedem Fall bereits schon jetzt in Verhandlungen zu treten, bevor in 10 -15 Jahren eine ungünstigere Verhandlungsposition entstanden ist .

 

3. Die Attraktivität der Schafweide wird durch eine sporadische Weidepflege gefördert, dazu gehört     beispielsweise das Ausstocken der Gehölze, in den Folgejahren deren Stockausschläge, die Pflege der Obstbäume (heruntergebrochene Äste stellen ein großes Hindernis für die weidenden Schafe dar und leiten die unerwünschte Sukzession ein), die Reduzierung von sogenannten "Weideunkräutern", wie dem dornigen Hauhechel und die Entfernung des Altgrasfilzes auf diversen Flächen durch Mulchen, Mähen oder Kontrolliertes Brennen.

 

Gengental

 

Eine "Rekultivierung" der Erddeponie im Gengental sollte moderat und vor allem in Hinblick auf die Beweidung erfolgen. Besonders bietet sich an, langfristig die Flurstücke durch Ankauf, Pacht oder Nutzungsvereinbarungen zusammenzulegen und dem Schäfer zur Beweidung zur Verfügung zu stellen.

Der Natur- und Vogelschutzverein hat mit dem Erwerb von Grundstücken dort bereits begonnen.


Ackerflächen Richtung Unterjesingen

 

Es wäre wünschenswert, in Kooperation mit dem ALLB Rottenburg und den Landwirten im dortigen Bereich ein freiwilliges "Ackerrandstreifenprogramm" zu initiieren.

Die Etablierung eines extensiv gepflegten Saumbiotopes mit vereinzelten Bäumen entlang des Feldweges nach Pfäffingen wäre sowohl für das Landschaftsbild als auch für Fauna und Flora von Vorteil.

Das bisherige sporadische Mulchen im August entlang der Wege sollte mit Rücksicht auf Insekten nur alle zwei Jahre erfolgen oder zumindest in die vegetationsfreie Zeit verschoben werden.


Gipsbruch

 

Der Wert für Fauna und Flora des Gipsbruches sollte im Bewußtsein bleiben, es muss aber abgewartet werden, wie sich die Lage in diesem Bereich weiterentwickelt. Sinnvoll wäre in jedem Fall, das Ablagern von Müll, Schutt u.ä. zu unterbinden. Die Aktivitäten der Motocrossfahrer sollten in Maßen bleiben. 

Inwieweit der alte Sprengkeller für Fledermäuse geöffnet werden kann, sollte geprüft werden.


Pfaffenberg

 

Am Pfaffenberg muß der Streuobstbau und die Nutzung der Wiesen unterstützt werden. V.a. in den Gewannen "Lochwengert", "Wanne", "Pfaffenberg" und "Randel" sollten die Verbrachungstendenzen aufgehalten werden. Es sollte in den Hangzonen über Möglichkeiten von freiwilligem Flächentausch, Nutzungsabsprachen o. ä. nachgedacht und diskutiert werden, um eventuell auch dort eine sinnvolle Nutzungsstrategie (à Beweidung) zu entwerfen.

Weiterhin sollten Mittel und Wege gefunden werden die Trockenmauern zu erhalten.


Ackerflächen Richtung Wendelsheim

 

Im Gewann "Oberer Grund" ist die Ausweitung der Wiesenrestflächen und deren extensive und v. a. bodenbrüterfreundliche Bewirtschaftung notwendig. Durch Flächenankauf, Einsaat und langjährige Pflegeverträge könnte dieses ehemalige Braunkehlchen- Revier wieder an Attraktivität gewinnen.

Die Gehölzpflege am Grundwiesenweiher erfordert in den nächsten Jahren zusätzliche Anstrengungen. Für die Ackerflächen bietet sich ebenfalls ein Ackerrandstreifenprogramm an. Linienhafte Vernetzungsstrukturen in Form von Altgrasstreifen mit vereinzelten Büschen könnten ebenfalls zur ökologischen Aufwertung dieses Bereiches beitragen.

 

 "Römerstraße" und "Breitlächle"

 

Vor allem die Pflege der Obstbäume entlang der Römerstraße sollte dringend vorgenommen werden. Um den Unterwuchs auf der Fläche wieder artenreicher zu gestalten und für verschiedene Insekten aufzuwerten, sollten die Flächen vorerst zweimal jährlich genutzt werden.

Wünschenswert wäre eine Beweidung mit Schafen oder Ziegen. Am Breitlächlesgraben könnten verschiedenste Formen einer Verbesserung angegangen werden, dies sollte von den verfügbaren Flächen abhängig gemacht werden.

 

 

Neckartal

 

Entlang der Hirschauer Straße brechen die alten Obstbäume zusehends zusammen und werden auch nicht mehr ersetzt. Groß angelegte Neupflanzungen an dieser Stelle sind aus naturschützerischer Sicht wenig sinnvoll. Besser wäre die Etablierung einzelner Bäume oder Baumreihen entlang des Fahrradweges nach Hirschau. Dazu müßten wegparallele Grundstücke über Ankauf oder Pacht bereitgestellt werden.

Am Ried im Neckartal sollte in den nächsten Jahren der überalterte Kopfweidenbestand dringend auf den Stock gesetzt werden, da ein Auseinanderbrechen der Weiden zu befürchten ist. Ankauf und Extensivierung der am Höllgraben gelegenen Ackergrundstücke sind wichtige Voraussetzung für ein weiters Vorgehen in diesem Bereich. Jedoch kümmert sich darum vermehrt der NABU aus Rottenburg.


Arbach

Am Arbach muß gemäß dem Pflegeplan abschnittsweise in 10-15 jährigen Zeitintervallen die Gehölze auf den Stock gesetzt werden und 2-3 jährlich die Kopfweiden geschnitten werden, um eine gewisse Strukturvielfalt entlang des Bachlaufes zu erhalten und zu entwickeln.

Die Entsorgung des Schnittgutes war bisher immer etwas umständlich und sollte in Zukunft pragmatischer gelöst werden. Schwierigkeiten ergeben sich ferner aus dem Schattenwurf auf benachbarte landwirtschaftliche Nutzflächen und der Beeinträchtigung der angrenzenden Feldwege. Hier sollten klare Absprachen erfolgen, da der NVSV nicht mehr Pate ist.

Es sollte geprüft werden, ob die Landwirte, die durch zu hohen Gehölzaufwuchs am Arbach nicht über Pflegeverträge nach der Landschaftspflegerichtlinie über das ALLB Rottenburg den Gehölzschnitt selbst in die Hand nehmen wollen /können.

Im Gewann "Aischbach" sollte das Interesse der Ausweitung der Weideflächen gelten, da die bisherige Lösung vermutlich nur übergangsweise funktioniert. Langfristig sollte eine Beweidung durch den Schäfer angestrebt werden, wozu weitere Weide- und Pferchflächen notwendig erscheinen. Entlang der alten Rottenburger Straße könnte eine alte Trockenmauer restauriert werden und der ganze Rain durch vereinzelte Bäume etwas herausgestellt werden.